Seit ich selber ein Fachwerkhaus habe, schaue ich mir Fachwerkhäuser mit anderen Augen an. Ich sehe die Schönheit und Erhabenheit, die es austrahlt, bedingt durch die Vielfalt des Zusammenspiels zwischen Holz, Stein, dem (Vor-)Garten und den einzelnen Baustoffen, wie Lehm und Kalk.
Bei manchen Häusern spüre ich allerdings den Schmerz, den sie erleiden, wenn ich sehe, wie die Schwellen in einem Bett aus Zement liegen, die Verbindungen mit Silikon zugeschmiert sind und das Holz obendrein mit einem Lack versiegelt wurde. Wir hatten in unserer Anfangsphase auch mal Maurer vor Ort und da wurden uns dann Vorschläge unterbreitet, wie 1cm starke Styroporplatten zwischen Holz und dem ausgemauerten Gefache als Kräfteausgleich einzubringen. Oder alles mit Zement und Tigerbinder auszumauern. Die durften gleich wieder gehen. Ein Leuchten in den Augen hatten die ohnehin nicht (siehe Beitrag: Die guten Handwerker finden)
Beraten wurden wir u.a. von der IG Bauernhaus, eine Goldgrube an Wissen und Beratung. Statt Zement lernten wir neben Lehm und Kalk auch Trass kennen. Aber auch das nötige Wissen zum konstruktiven Holzschutz. Die bauphysikalischen Merkmale wie Diffusionsoffenheit, Taupunkt, etc. kannte ich bereits durch meine Diplomarbeit. Und dies alles im Zusammenspiel lässt erahnen, warum Fachwerkhäuser 250 Jahre lang überlebten und dann innhalb von 15-20 Jahren durch „moderne“ Baustoffe kaputt restauriert wurden.
Wir hatten bei uns auch ein paar Fälle gefunden.
Schon im ersten Bild der Galerie ist am verputzten Deckenbalken deutlich schwarzer Schimmel zu sehen. Die Außenwand wurde mit Estrichplatten (auf Styroporlage) und Ansetzgips innenseitig verkleidet. Dadurch wurde es sicherlich wärmer und auf jeden Fall war die Wand schön gerade, doch hinter den Platten konnte umso besser der Wasserdampf kondensieren und das Kondensat in den Bereich der Schwellbalken laufen. Die Schwelle wurde zur besseren Stabilität sogar noch mit einem Kalk-Zement Gemisch unter- und hinterfüllt, so dass ein Trocknungsprozeß fast völlig ausgeschlossen war.
Dass diese Schwelle (18×18 cm) nicht mehr zu retten war, musste nicht einmal mehr eine Klopfprobe mit dem Hammer erweisen, das Holz war innerhalb von wenigen Jahren so verrottet, dass ich es mit den Fingern zerbröseln konnte. Wohlgemerkt, auch das Kernholz dieser über 150 Jahre alten Eichenschwelle.
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